Vom Hafen ins Inland

9. November 2016

Nach 2 Tagen in Santos, dem Herzen des Kaffeehandels in Brasilien, und unzähligen Tassen Kaffee, möchte ich endlich Kaffeebäume sehen. Frühmorgens geht es los. Auf mich wartet eine fünfstündige Autofahrt. Um von Santos ins Inland zu gelangen, muss man um Sao Paulo fahren. Die ersten 50 Kilometer sind sehr spektakulär. Sao Paulo liegt auf ca. 800 Meter über Meer. Um von der Hafenstadt Santos hoch nach Sao Paulo zu gelangen, mussten zwei aufwändige Autobahnen gebaut werden. Tunnels und Brücken reihen sich aneinander und in der aufgehenden Morgensonne bieten sich herrliche Blicke zurück nach Santos. Sehr viele Güter werden von Santos hoch oder runter zum Hafen transportiert. Die mächtigen Lastwagen (bis zu 30 Meter lang) kommen dabei arg ins Schwitzen.

Über die Einwohnerzahl von Sao Paulo findet man unterschiedliche Angaben. Je nachdem wie gross man den Kreis um das Zentrum der Stadt zieht. Im Grossraum Sao Paulo leben über 20 Mio. Menschen. Eine unglaubliche Zahl. Und ich bekomme den Eindruck, dass schon sehr viele unterwegs sind. Die Autobahn ist zum Teil sechsspurig in beiden Richtungen; das ist auch dringend nötig. Brasilien hat nach dem zweiten Weltkrieg das bestehende Eisenbahnnetz eingehen lassen. Sämtliche Güter und Personen werden somit auf der Strasse befördert. Erst in den letzten Jahren hat man in den grossen Städten damit begonnen ein Schienennetz aufzubauen.

Das Umfahren von Sao Paulo dauert heute ca. 1½ Stunden. Glücklicherweise ohne Stau oder andere Zwischenfälle. Für die gleiche Strecke kann aber auch bei starkem Verkehr 4 – 5 Stunden aufgewendet werden. Die Anzahl der Autobahnspuren werden immer weniger und die eher unschönen Siedlungsgebiete werden kleiner. Von der Autobahn aus sind die ersten Kaffeebäume zu erahnen, nicht weit von den Vororten Sao Paulos entfernt. Doch die Fahrt ist noch weit.


Ziel ist die Region Sul de Minas im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais. Hier wird über 30% des brasilianischen Arabicas angebaut. Wenn Santos das Herz des Kaffeehandels ist, ist Sul de Minas die Lunge, welche scheinbar unaufhörlich Kaffee produziert und die ganze Welt mit Kaffee versorgt. Die Region Sul de Minas produziert bei einer guten Ernte rund so viel Kaffee wie ganz Kolumbien. Und Kolumbien ist nach Brasilien der zweitgrösste Arabica-Produzent. Unglaubliche Mengen. Immer tiefer kommen wir in die Anbauregion. Neben Kaffee wird hier auch Zuckerrohr und Mais angebaut. Weiter gibt es eine beträchtliche Anzahl an Rindern und Kühen im Sul de Minas. Landwirtschaft pur, soweit das Auge reicht.


Die Kaffeeernte in dieser Region findet hauptsächlich zwischen Juni und September statt. Auf den meisten Farmen werden zum jetzigen Zeitpunkt andere Arbeiten erledigt. Das wichtige Zurückschneiden der Bäume ist auch zu grossen Teilen abgeschlossen. Im Moment werden auf vielen Farmen neue Bäume gepflanzt. Die Setzlinge, welche zu grossen Teilen selber herangezogen werden, sind zwischen 20 und 30 cm gross und werden auf dem Feld eingepflanzt. Diese kleinen Bäume werden nach 2 – 3 Jahren zum ersten Mal Früchte tragen und den Fortbestand des brasilianischen Kaffees sichern. Die Wetterbedingungen sind für die jungen Pflanzen ideal: Es ist mit zum Teil über 30 Grad ziemlich heiss. Doch es regnet fast täglich und so werden die kleinen Kaffeebäume ausreichend mit Wasser versorgt. So sollte es möglich sein, auch in den nächsten Jahren noch leckeren Kaffee aus der Sul de Minas Region trinken zu können.