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Grün eingezeichnet die Region Turrialba |
Der heutige Tag führt uns nach Juan Viñas in der Provinz Cartago. Während der Fahr von San Jose in Richtung Plantage wird der Nebel immer dichter, bis wir nur noch eine Sicht von wenigen Metern haben. Mit einer schönen Aussicht über die Plantage wir das wohl nichts und mit schönen Fotos eben so wenig - welch ein Pech!
Durch Costa Rica zieht sich eine gewaltige Bergkette, die das Land wetter-technisch in die pazifische und atlantische Seite unterteilt.
Zur Zeit spielt das Wetter in Costa Rica wegen El Niño verrückt. Während das Klima westlich der gewaltigen Bergkette trockener und sehr windig ist, ist es auf der Seite des Atlantiks viel regnerischer und nebliger als sonst. Die Kaffee-Region Turrialba, in der Juan Viñas liegt, ist deshalb zur Zeit von einem immer-feuchten Klima geprägt.
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Dorfplatz Juan Viñas Town |
Juan Viñas ist nicht nur der Name der Region, sondern auch der Plantage, von der wir seit rund 6 Jahren zu grossen Teilen und seit diesem Jahr exklusiv, unsere Costa-Ricanischen Kaffeebohnen beziehen.
Juan Viñas Coffee and Sugar Estates wurde 1912 von dem ursprünglich auf Jamaica stammenden Cecilio Lindo gegründet, der sieben aneinander grenzende Plantagen aufkaufte und zu einer grossen Farm zusammenfügte. Dies ist wohl auch der Grund dafür, dass die Farm nicht wirklich wie eine klassische Farm aussieht. Es handelt sich vielmehr um ein Gebiet von 4000ha, auf dem rund 600ha Kaffee, 1800ha Zuckerrohr, 700ha Wald, ein Kaffee-Mühle, eine Zuckerrohverarbeitung, 9 Dörfer mit rund 7000 Einwohnern, zahlreiche Schulen, 22 kleine Flüsse und rund 180km Strassen liegen. Besonders beachtlich: die Region ist so friedlich, dass es keine grossen Sicherheitsvorkehrungen gibt.
Nach unserer Ankunft suchen wir erstmal das Trockene und nutzen die Zeit für eine ausführliche und spannende Diskussion mit Rolando Guardia, Farm Manager, der seit 20 Jahren auf Juan Vinas arbeitet. Hier ein kleiner Einblick ist in unsere Diskussionen und was wir bei der Besichtigung sonst noch so gesehen und erfahren haben:
Herausfordernde Anbaubedingungen
Die Region Turrialba gehört aufgrund des Klimas zu den herausfordernsten Anbaugebieten in Costa Rica überhaupt. Durch das feuchte Klima kann sich der Rost (Pilz) auf der Plantage schneller verbreiten, zudem gibt es (davon hatten wir vorher noch nie gehört....!) sogenannte Nematoden (Fadenwürmer), die den Wurzelstock der Bäume beschädigen und dabei Pilzbefall hervorrufen. Das aktuelle, immer regnerische Wetter hat ebenfalls eine dramatischen Einfluss auf die Produktivität. Ein starkes Blühen der Kaffeebäume erfolgt nur, wenn die Pflanze eine Trockenperiode durchläuft, Wasserstress erfährt und anschliessend bei Regen ihre ganze Kraft in die Reproduktion steckt und das Flowering erfolgt. Da es in den letzten Monaten keine klar definierten Trocken und Regenzeiten gab, erfolgte das Flowering schrittweise über eine längere Periode. Die Folge: die Ernte ist nun viel geringer und über einen längeren Zeitraum verteilt, was höhere Produktionskosten zur Folge hat (Picking). Die diesjährige Ernte beträgt 40% der Ernte des letzten Jahres.
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Kaffeestrauch blüht bei immer regnerischem Klima |
In den letzten Jahren hat deshalb das Erntevolumen in der Region dramatisch abgenommen und Kleinbauern sind fast gänzlich verschwunden. Der Kaffee wird heute von 3 grossen Farmen angebaut, die die finanziellen Mittel haben, langfristig zu planen, magere Erntejahre zu überstehen, ohne dass sich dies z.B. aufgrund des fehlenden Düngens negativ auf die folgenden Ernten auswirkt.
Wie begenet die Plantage den genannten Herausforderungen wie Rost und Nematoden? Da insbesondere zertifizierte Plantagen ihren Einsatz von Fungiziden minimieren müssen und das Verwenden von Mitteln gegen die Fadenwürmer sehr limitiert möglich ist, liegt die grosse Hoffnung in neuen Varietäten (zurzeit werden hauptsächlich die Arabicas
Caturra und
Catuai angebaut). Diese sind idealerweise nicht nur Produktiver, sondern Rost-resistent sind und verfügen über ein stärkeres Wurzelsystem. Die Einführung solcher Varietäten ist in Costa Rica relativ streng reguliert. Zur Zeit wird
Obata aufgeforstet. Daran speziell: Der "Unterbau" des Obata verfügt über das robuste Wurzelsystem des Robusta, darauf wird eine Arabica-Varietät aufgepfropft.
Fokus auf gute Arbeitsbedingungen ein Muss
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Improvisierte Garage zwischen zwei Unterkünften. |
Juan Vinas engagiert sich schon seit jeher stark in den Communities die auf dem Gebiet der Farm liegen. Nicht wird regelmässig neues Land an die Arbeiter vergeben, es stehen Letzeren rund 430 Häuser zur Verfügung. Dinge wie eine Gesundheitsversorgung, gute Schulen, Kirchen, Bars, Vergnügungszonen etc. sind selbstverständlich. Ziel war ursprünglich, dass die Kinder der Arbeiter im Erwachsenenalter in dieser abgelegenen Region bleiben und auf der Farm arbeiten. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus: der Minimallohn hat sich in Costa Rica in den letzten 10 Jahren verdoppel, 80% der Kinder der Arbeiterfamilien finden aufgrund ihrer guten Ausbildung anderswo Jobs, die Arbeit im Landwirtschaftssektor wird immer unattraktiver, da sich in den urbanen Gebieten und an den Küsten Alternativen bieten. Heute verfügt Juan Vinas über ein umfassendes "Sozialprogramm" um im Wettbewerb um Arbeitskräfte mithalten zu können. Aktuelles Thema: fast alle Arbeiterfamilien haben mittlerweile ein Auto. Doch wohin mit 400 Autos? Nicht bei allen Häuser gibt es Platz, eine Garage anzubauen.
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Auf Juan Vinas: im flachen Teil wird Zuckerrohr und an den Hängen Kaffee angebaut. Die Mischung von Zuckerrohr und Kaffee ermöglich es, den Hauptteil der Arbeiter über das ganze Jahr hinweg zu beschäftigen. Ist die Kaffeeernte zu Ende, fängt die Zuckerrohrernte an. |
Aktives Schattenmanagement mit Poro
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Poro, darunter frisch gepflanzter Kaffee |
Schattenbäume ("
shade trees") spielen in vielen Nachhaltigkeitsdiskussionen stets eine wichtige Rolle. Aufgrund des nassen Klimas in der Region spielen letztere eine weniger grosse Rolle und erhöhen teilweise die Gefahr von Rost. Die Plantage ist in Bezug auf Schatten eine innovative Praxis, die wir vorher noch nirgends gesehen hatten: es wird Poro gepflanzt, ein Baum, der sich als temporärer Schatten eignet. Je nach Bedingungen und Jahreszeit werden die Äste und damit der Schatten entfernt oder stehen gelassen.
UTZ-Zertifizierung: was bringt's?
Die Zertifizierung hat auf Juan Viñas vor allem eines verändert: die Forderung nach Dokumentation, Monitoring und kontinuierlicher Verbesserung zur Minimierung des Input-Einsatzes und Verbesserung der Umweltaspekte (wie z.B. Schaffung natürlicher Barrieren gegen Bodenerosion, Verzicht auf Jäten der Unkraut neben der Plantage) haben zu einer veränderten Kultur geführt. Was Anfangs ein mühsamer Dokumentations-Prozess war, ist heute ein umfassendes Umwelt- und Qualitätsmanagementsystem, welches von allem Mitarbeitern gelebt wird. Hinsichtlich der sozialen Aspekte musste die Farm keine zusätzlichen Anforderungen erfüllen und war bereits vorher aus einer Notwendigkeit heraus sehr gut aufgestellt.
Rolando Guardia weist zum Schluss unserer Diskussion energisch darauf hin, dass die Zertifizierung zwar insgesamt positiv sei, jedoch die wirklich grossen Herausforderung des Kaffeeanbaus nicht lösen können. Um ökonomische Nachhaltigkeit zu erreichen braucht es einen Fokus auf höhere Qualität (und bessere Preise), Nachhaltigkeit, besserer Produktivität (Erntevolumen/ha) bei gleichzeitiger Beachtung der sozialen und ökologischen Kriterien. Höhere Preise sind notwendig, um die hohen Kosten für Arbeitskräfte tragen zu können. Bezüglich Steigerung der Produktivität liegt die Hoffnung wie oben beschrieben in der Pflanzung neuer Varietäten.
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Das Gras schützt vor Bodenerosion |
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Auffangbecken Abwasser |
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Aufgrund des Klimas erfolgt die Trocknung hier maschinell und direkt auf der Farm |
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Im Pergamino wird der Kaffee in riesigen Silos auf der Farm eingelagert |
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Erst kurz vor Abtransport wird der Pergamino (gelb) entfernt |
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Verarbeitung von Zuckerrohr auf Juan Vinas |
Nach einem Rundgang auf der Plantage geht es zurück nach San Jose.
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Zurück auf die sonnige, windige und trockene Pazifikseite der Bergkette |