Monsunierter Kaffee

Auf der letzten Etappe folgen wir dem Kaffee auf Umwegen durch die Berge, bis an die Küste des Indischen Ozeans. Nach weiteren 200 KM und 4 Stunden Fahrt auf zum Teil sehr kurviger Strasse, sind wir am Ziel unserer Reise angekommen: Mangalore. Vom Hafen der 1 Millionen Stadt werden die meisten Kaffees aus Indien verschifft. Die Temperaturen sind deutlich heisser als in den Bergen wo der Kaffee wächst. Doch Mangalore ist nicht nur Verschiffungshafen sondern auch der Ort, an dem Kaffee auf spezielle Weise veredelt wird. In Mangalore wird zwischen Juni und Januar der Kaffee monsuniert. Dieser Prozess verleiht dem Kaffee eine helle Farbe, lässt die Bohnen an Grösse wachsen und verändert das Geschmacksprofil des Kaffee grundsätzlich.

Ausgangsmaterial für monsunierten Kaffee ist immer ungewaschener Kaffee (Arabica oder Robusta). Dieser wird nach der Ernte, dem Trocknen und der Aufbereitung nach Mangalore gebracht. Oft werden dafür nur die grössten Bohnen verwendet, da das Endresultat bei grossen Bohnen besser ist. Die Monsunzeit in Mangalore startet meistens im Juni. Während 3 Monate fallen dabei nicht selten über 4'000 mm Regen! Die Luftfeuchtigkeit steigt bis gegen 100%. Nun kann der Monsunierungsprozess gestartet werden. Der Kaffee wird dabei während ca. 10 Tagen auf dem Boden der Lagerhäuser ausgebreitet. Die Kaffeeschicht ist ca. 12 cm dick. Während dieser Zeit wird der Kaffee mehrmals am Tag gewendet, damit der Kaffee gleichmässig an Feuchtigkeit zunimmt. Nach 10 Tagen ist die Feuchtigkeit im Kaffee von 12% auf 18% gestiegen.

Im Anschluss startet der zweite Teil des Prozesses: Die Kaffeebohnen werden in Jutesäcke zu ca. 30 KG abgefüllt. Meistens werden 3 Säcke aufeinandergestapelt. So trocknet der Kaffee während 3 Monate im Lagerhaus. Dabei wird der Kaffee wöchentlich in neue Jutesäcke umgeschüttet. Damit der Kaffee gleichmässig trocknet und nicht beginnt zu Schimmeln. Es gibt Exporteure in Indien, die pro Saison bis 6'000 Tonnen monsunieren. Was für ein Aufwand.

Wenn der Kaffee unter 13% Feuchtigkeit getrocknet ist, ist er bereit für den Export. Der Kaffee durchläuft alle Stationen der Trockenmühle und wird gereinigt, sortiert und nach Bohnengrösse eingeteilt. Für die höchsten Qualitätsansprüche wird der Kaffee zum Teil noch Handsortiert. Dieser Schritt kostet jedoch extra.

Monsunierter Kaffee ist in Europa sehr beliebt. Kaffeeliebhaber lieben den speziellen Geschmack. Wenig Säure – viel Körper mit würzigen, holzigen Geschmacksnoten. Auch ist die Geschichte hinter dem monsunierten Kaffee sehr interessant. Früher als der Kaffee noch mit Segelschiffen und in Jute-Säcken um die halbe Welt von Indien nach Europa gebracht wurde, schmeckten die meisten Kaffees aus Indien, wie der heutige monsunierte Kaffee. Als später Containerschiffe den Kaffee durch den Suezkanal viel schneller nach Europa brachten, fehlte vielen Kaffeeliebhabern der typische Geschmack des indischen Kaffees. So entstand die Idee des monsunierens in Indien. Eigentlich nichts anderes als die Kopie der Lagerbedingungen auf einem Segelschiff. Somit erinnert jede Tasse monsunierter Kaffee, an die abenteuerliche Zeit als der Kaffee mit dem Schiff von Indien nach Europa transportiert wurde.

Sicher wäre eine Fahrt mit dem Segelschiff von Indien nach Europa ein grosses Abenteuer.
Ein Roadtrip von Bangalore nach Mangalore ist im Vergleich nur ein kleiner Abstecher. Trotzdem hat die Fahrt viele neue Eindrücke gebracht. Viele Begegnungen und gute Gespräche haben uns Land, Leute und Kultur vertrauter gemacht. Der Respekt für ein grosses Land mit grosser Kaffeevielfallt bleibt uns im Herzen erhalten.